Es gibt wirklich eine magische Kugel, die sicherstellen kann, dass die ägyptische Revolution triumphiert, entdeckt Eric Walberg

Die populäre Kampagne, Ägyptens Schulden zu kippen, wurde am 31. Oktober bei der Tagung der Journalistenunion gestartet, mit einem bunten Reigen von Sprechern, darunter Ahmed Al-Naggar vom Al-Ahram-Zentrum für politische und strategische Studien, Kamal Abu Eita von der unabhängigen Gewerkschaft, der legendäre Antikorruptions-Kreuzritter Khaled Ali und der Anführer der tunesischen Schwesterbewegung Dr. Fathi Chamkhti.

Moderator Wael Gamal, ein Wirtschaftsjournalist, beschrieb wie er und eine Gruppe von Revolutionären nach dem 25. Januar die Kampagne mit der Facebook-Seite DropEgyptsDebt (Werft Ägyptens Schulden ab) begannen. Das Angebot des IWF im Juni, einen Multimilliarden-Kredit zu gewähren, wirkte auf Gamal wie das rote Tuch auf einen Stier, und die Kampagne ging danach erst richtig los und führte zum formellen Start in dieser Woche, wo gerade das Wahlfieber steigt.

„Die ägyptischen Schulden nur zu bedienen kostet fast $3 Milliarden jährlich, mehr als alle Lebensmittelsubventionen, über die der IWF ständig herumredet, mehr als unsere Gesundheitsausgaben,“ sagte Gamal verärgert. „Wir sind belastet mit Schulden in der Höhe von $35 Milliarden bei ausländischen Banken, die meisten aufgenommen unter dem Regime Hosni Mubaraks und keine davon zum Nutzen des Volkes.“

Ali erläuterte die Grundlage der Kampagne, die nicht eine generelle Streichung der Schulden fordert, sondern eine genaue Durchforstung der Kreditbedingungen und Verwendungszwecke, um herauszufinden, ob der jeweilige Kredit mit Zustimmung des ägyptischen Volks aufgenommen wurde, ob er im Interesse des Volkes ist und zu welchem Ausmaß er durch Korruption verschwendet wurde. Er erklärte, dass die ausländischen Kreditinstitute genau wussten, dass Mubarak ein Diktator war, der gefälschte Wahlen veranstaltete und daher nicht den Willen des Volkes repräsentierte, als sie ihn mit Geld überschütteten, und dass sie die Konsequenzen tragen sollten – nicht das ägyptische Volk. 

Das entspricht den international akzeptierten Bedingungen hinter der legitimen Praxis der Zurückweisung von „anrüchigen/illegitimen Schulden” – rechtswidrig aufgenommenen Krediten – die von den Vereinigten Staaten von Amerika 2003 - sehr stillschweigend - angewendet wurde, um die Schulden des Irak in Stücke zu reißen, und von Ecuador im Jahr 2009. „In Ecuador gab es eine unserer Revolution ähnliche Volkserhebung, und nach der nächsten Wahl bildete der Präsident einen Untersuchungsausschuss und konnte erreichen, dass zwei Drittel der $13 Milliarden gestrichen wurden,“ berichtete Gamal und überließ es den Konferenzteilnehmern, darüber nachzudenken, was eine wahrhaft revolutionäre Regierung in Ägypten für das Gesundheitswesen und für die Arbeitsbeschaffung tun könnte.  

Al-Naggar berichtete, wie die Darlehen in die Wirtschaft flossen, als diese unter einem Privatisierungsprogramm unter Aufsicht des IWF ab 1990 ausgeweidet wurde, wodurch ausländische Firmen und Gefolgsleute Mubaraks hunderte Millionen Dollar einsacken und ins Ausland schaffen konnten. Das, was von den Darlehen für Investitionen übrig geblieben war, floss in die Finanzierung von Prestigeobjekten im Bereich der Infrastruktur wie die Ausweitung des Flughafens von Kairo, die von Korruption durchtränkt war und nur der ägyptischen Elite dient. So gut wie alle Kredite aus dieser Periode kämen für eine Abschreibung in Frage.

Keine Regierungsvertreter geruhten – oder wagten – an dieser Konferenz teilzunehmen. Im Gegenteil, der ägyptische Finanzminister Hazem Al-Biblawi sagte zu Al-Sharouk, dass diese Ägypten in der Welt schlecht macht, mit den Worten: „wie das Sprichwort ‚von außen sieht es aus wie ein Segen, innen ist es die Hölle’.“ 

Beide, Gamal und Al-Naggar kritisierten Biblawi wegen der Verdrehung ihrer Absichten, die nicht darauf hinauslaufen, Ägypten als bankrott hinzustellen, wie Griechenland, sondern die Last der anrüchigen Darlehen den schuldigen Parteien zuzuschieben – den Gebern, und dadurch die Revolution zu unterstützen. „Es ist die Konterrevolution, die Ägypten diskreditiert. Und da ist das alte Regime, das die Darlehen bekommen und missbraucht hat und jetzt versucht, die Revolution zu diskreditieren. Die internationale Gemeinschaft sollte bereit sein, die anrüchigen Darlehen abzuschreiben, wenn sie will, dass die Revolution erfolgreich ist,“ mahnte Al-Naggar.

Der Enthusiasmus und die Zielstrebigkeit in der Konferenz war ansteckend. In der Tat lässt sich sagen, dass diese Kampagne der Schlüssel ist für den Erfolg der Revolution. Sie erfordert allerdings ein Rückgrat, das nur eine gewählte Regierung zu bilden hoffen kann. Das Katzbuckeln von Al-Bablawi – in dieser Woche beherbergte er eine neue IWF-Kommission – sieht aus wie das Verhalten jemandes aus der Ära Mubarak, nicht eines Mannes, der abgeordnet ist, die Revolution zu schützen. Er hieß die Kommission willkommen und „die Möglichkeit, dass sie Ägypten Hilfe anbietet“.

Al-Naggar erläuterte, dass der Zweck des IWF nicht ist, den Menschen in Ägypten zu helfen, sondern die Regierung in das internationale Diktat einzubinden. Die Ratingagenturen gehören zu diesem dazu, die die Kreditwürdigkeit Ägyptens nach der Revolution herabstufen. Warum? Weil Ägypten weniger demokratisch ist? Oder weil es schwerer sein wird, Ägypten mehr Darlehen zum Wohle der westlichen Konzerne aufzudrängen und die ägyptische Regierung auf der Linie der politischen Agenden des Westens zu halten? „Schweigen ist Gold,“ riet Al-Naggar Biblawi und meinte damit: „Wenn du nicht etwas Gutes zu sagen hast, sag gar nichts.“ 

Chamkhi brachte tunesische Wärme in die Konferenz, obwohl er die Hörer weiter in Wut versetzte, als er erklärte, wie die Schuldenpolitik des Westens eine direkte Folge des Kolonialismus des 19. Jahrhunderts ist. Er führte aus, wie Frankreich Tunesien kolonisierte, das beste landwirtschaftliche Land stahl, und wie dann im Jahre 1956 die quasi unabhängige Regierung französische Darlehen aufnehmen musste, um das Land zurückzukaufen, das die Franzosen gestohlen hatten, wodurch Tunesien aufs Neue vertraglich gebunden wurde, diesmal unter einem neuen neokolonialistischen Deckmantel. Die Auslandsschulden explodierten wirklich unter der Kleptokratie von Zine Al-Abidine Ben Ali, genauso wie die ägyptischen unter Mubarak. Shamati führte eloquent aus, wie “Schulden nicht unserer Entwicklung dienen, sondern um uns arm zu machen. Um eine Diktatur der Schulden zu errichten.“

Die ersten demokratischen Wahlen in Tunesien brachten dem Kongress für die Republik, der die Schuldenrevisionskampagne unterstützt, 30 Sitze. Laut dem Organisator Salmaa Hussein unterstützen in Ägypten Tagammu, die Nasseristen und Karama ihre Bemühungen, gemeinsam mit den Präsidentschaftskandidaten Hamdeen Sabhi und Abdul Monem Abul Fotouh.

Es gibt eine internationale Kampagne aus den 1990er Jahren, die Millenium2000-Schuldennachlass-Bewegung, und die Konferenz in Kairo hörte einen Bericht aus London über viele Länder der Dritten Welt – zu denen jetzt Ägypten und Tunesien gehören – von gemeinsinnig orientierten Briten. Die arabischen Erfolgsgeschichten haben einen entschlossenen und klugen Kern von Aktivisten hervorgebracht, die wissen, worum es geht und die ihre jeweiligen revolutionären Regierungen drängen werden, die Schulden der korrupten Regimes zurückzuweisen, die sie um den Preis von hunderten Menschenleben gestürzt haben. Wie der feurige Anführer des unabhängigen Gewerkschaftsverbandes Abu Eita rief, indem er das revolutionäre Motto Ägyptens in passender Weise ergänzte: „Stürzt das Regime, kippt ihre Schulden!“       

Archiv > Artikel von Eric Walberg auf antikrieg.com     

http://antikrieg.com/aktuell/2011_11_04_aegypten.htm

http://weekly.ahram.org.eg/2011/1071/ec1.htm

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Canadian Eric Walberg is known worldwide as a journalist specializing in the Middle East, Central Asia and Russia. A graduate of University of Toronto and Cambridge in economics, he has been writing on East-West relations since the 1980s.

He has lived in both the Soviet Union and Russia, and then Uzbekistan, as a UN adviser, writer, translator and lecturer. Presently a writer for the foremost Cairo newspaper, Al Ahram, he is also a regular contributor to Counterpunch, Dissident Voice, Global Research, Al-Jazeerah and Turkish Weekly, and is a commentator on Voice of the Cape radio.

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